Kunst-Newsletter der Stadt Zürich 9. Februar 2023
Ein handliches, schön gestaltetes Taschenbuch mit dem vielleicht zunächst rätselhaften Titel «Denn wenn Chloe Olivia mag ...» entpuppt sich als gründlich recherchierter und dokumentierter Essay zur erstaunlich progressiven Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit SAFFA 1928. Damals wie heute bewegte das Thema der gar nicht oder schlecht repräsentierten Künstlerinnen die Gemüter. Wer weiss, wenn der Zweite Weltkrieg die emanzipatorischen Bemühungen der Frauen nicht gebremst hätte, wäre es vermutlich auch ein wenig schneller gegangen mit ihrem Versuch, in der damals noch mehr als heute männerdominierten Welt der Kunst Tritt zu fassen, gesehen und gehört zu werden. «Was es heisst, als bildende Künstlerin gestern, heute und in Zukunft zu wirken» – das ist der Untertitel, der einige Erkenntnisse verspricht.
Die Publikation löst das Versprechen ein: So erfahren wir etwa, welche Künstlerinnen an der SAFFA in den legendären Räumlichkeiten der damals einzigen Schweizer Architektin Lux Guyer teilnahmen und unter welchen Umständen dies geschah. Hinzu kommen viele symptomatische Details. Etwa, dass die Künstlerinnen auffällig häufig mit Selbstporträts vertreten waren. Die Autorinnen interpretieren dies als Versuch der Frauen, sich in einem Genre zu behaupten, das traditionell als Ausdruck künstlerischen Selbstbewusstseins gilt. Man denke etwa an Dürers berühmtes Selbstporträt von 1500 als Christus.
Dass die Künstlerinnen in der Schweiz erst ab 1972 im tonangebenden Künstlerverband GSMBA (heute Visarte) zugelassen wurden, gehört ebenso zu den Denkwürdigkeiten. Brun und Züst skizzieren auch das Spannungsfeld zwischen dem oft «weiblich» konnotierten «Kunstgewerbe», der «Hobbymalerei» und der «eigentlichen», «hohen» Kunst, in dem sich die Künstlerinnen bewegen. Das Titelzitat übrigens, das sei hier verraten, stammt von Virginia Woolf, aus ihrem für den Feminismus programmatischen Essay «A Room of One's Own» von 1929.